Rückgangs- und Verlustursachen

Das Rebhuhn ist eine Art, die natürlicherweise mehr oder weniger großen Schwankungen unterliegt. Natürliche Bestandsabnahmen, wie sie das Rebhuhn beispielsweise in schnee­reichen Wintern oder durch Prädation erlebt, kann eine stabile Population durch die meist hohe Anzahl von Nachkommen kompensieren. Voraussetzung ist, dass die Qualität des Lebens­raumes ausreicht, um die Bedürfnisse der Hühnervögel zu decken und die Land­schaft über genügend Nahrung, Deckung und geeignete Bruthabitate verfügt, die eine erfolgreiche Reproduktion ermöglichen. Aber viele unserer landwirtschaftlichen Intensivierungs­maß­nahmen haben gleich in mehrfacher Hinsicht folgenreiche, negative Auswirkungen auf das Rebhuhn:

 

 

Mangel an Brutplätzen und sicherer Deckung

 

In ihrer Nistplatzwahl orientiert sich die Rebhenne an Strukturen, die bereits im Frühling eine deckungsreiche Vegetation aufweisen, also an vorjährigen Altgrasbeständen, wie sie in ungemähten Wegrändern und Feldrainen, Hecken oder in sonstigen extensiven Land­schaftsstrukturen (Brachen, Stilllegungsflächen, Wiesen, strukturreichen und mehrjäh­rigen Blüh­streifen oder Streuobstwiesen) vorkommen. Je mehr dieser Strukturen in einem Gebiet vorkommen, desto mehr Rebhühner können zur Brut schreiten.

 

  • Der Anteil extensiver, mehrjähriger Strukturen ist stark zurückgegangen. Flurbereinigungsverfahren haben größere Feldschläge und eine Abnahme von Hecken und anderen Grenzstrukturen zur Folge. Extensives Grünland wird intensiviert oder umgebrochen, Brachen werden wieder in Kultur genommen, Grenz­er­tragsstandorte wieder bewirtschaftet und Stilllegungsflächen aufgegeben.
  • Viel zu frühe Mahd der Weg- und Feldraine und sonstige landwirtschaftliche Arbeiten zerstören bis zu 35% der Gelege.

 

  • Damit gehen nicht nur potentielle Brut- und Nahrungsplätze verloren, sondern auch Flächen und Strukturen, die auch im Winter bei hohen Schneelagen eine sichere Deckung vor Räubern bieten können!

 

  • Hecken werden meistens nur noch seitlich mit Häckslern abgeschlegelt und wandeln sich dadurch in Baumreihen um.

 

  • Durch nicht fachgerechte Heckenpflege entstehen potentielle Ansitzwarten für Greifvögel und der sichere Schutz durch die Hecke und deren Saum geht verloren!

 

 

Nahrungsmangel

 

Wildkräuter und deren Samen spielen eine große Rolle im Speiseplan des Rebhuhns. In den ersten Wochen der Kükenaufzucht ist die Verfügbarkeit von Insekten in der Feldflur entscheidend.

 

  • Graben-, Weg- und Feldränder werden ausgemäht oder mit Herbiziden behandelt. Felder sind strukturarm und werden zum Zweck der Ertragssteigerung mit Pflanzenschutz­mitteln und Bioziden gespritzt.

 

  • Der immense Rückgang an Pflanzen, Insekten und anderen Klein­tieren in der Feldflur ist das traurige Resultat. Für das Rebhuhn und andere Nachfolger in Nahrungskette hat das fatale Folgen: Nahrungsmangel!

 

Mittlerweile überleben nur noch höchstens die Hälfte der Küken das erste Lebensjahr (oft sind es weniger) und können damit zur nächstjährigen Brut beitragen. Im Rebhuhnschutzprojekt im Landkreis Göttingen konnte belegt werden, dass die Küken ihren Energiebedarf auf „normalen“ Weizen­feldern nicht mehr decken können und anstatt zuzunehmen, dort bei der Nahrungssuche sogar an Gewicht verlieren. Dagegen weisen Brachen und Blühstreifen ausreichende Insekten­dichten auf.

 

 

Verändertes Mikroklima

 

Rebhuhnküken sind in den ersten Lebenswochen von Nahrungsmangel und Unterkühlung bedroht. Nasskalte Wetterperioden nach dem Schlupf können eine erhöhte Sterblichkeit verursachen, insbesondere wenn keine oder nicht genügend freie Bodenstellen im Gebiet vorhanden sind, auf denen die Küken schnell abtrocknen und sich aufwärmen können oder die Vege­ta­tionsbestände zu dicht und damit zu nass und unpassierbar sind.

 

  • Erhöhte Saatkorndichten in den Reihen, verringerter Reihenabstand und der Einsatz von Düngern und produktions­steigernden Chemikalien erzeugt undurchdringliche, monotone Kulturpflanzenbestände.
  • Als Nutzung für Energiepflanzen werden zunehmend mehr Mais und Winterroggen angebaut.

 

  • Zur Kükenaufzucht- und Führungszeit sind die Felder zu dicht und nass!
  • Die Anbauzyklen verschieben sich (Energiepflanzen stehen nicht mehr bis zur Fruchtreife auf den Feldern). Der erste „Erntezeitpunkt“ (z.B. von Winterroggen) im April/Mai fällt dadurch mitten in die Brut- und Setzzeit!

 

  • Die Vielfalt an Feldfrüchten nimmt stetig ab, ebenso wie der Anbau von Hackfrüchten.

 

  • Kleinere Felder mit unterschiedlichen Kulturen bieten dem Rebhuhn günstige Bedingungen. Felder mit Hackfrüchten haben freie Boden­flächen zum Abtrocknen, zur Nahrungssuche und zum Staubbaden und bieten gleichzeitig Deckung vor Feinden.

 

 

  • Landwirtschaftliche Wirtschaftswege werden zunehmend versiegelt.

 

  • Damit fallen weitere, für das Rebhuhn nutzbare und wichtige Flächen weg.

 

 

Erhöhter Prädationsdruck

 

Die Dichte von Rebhühnern wird durch den Einfluss ihrer Prädatoren reguliert. Unter den natürlichen Feinden des Rebhuhns gilt der Rotfuchs als der Hauptprädator. Im Zuge groß­flächiger Tollwutimmunisierungen haben die Fuchs­dichten erheblich zugenommen. Unab­hängig davon ist auch die Dichte anderer Prädatoren angestiegen. Prädatoren wie der Rotfuchs orientieren sich bei ihrer Nahrungs­suche an extensiven und deckungsreichen Landschafts­strukturen.

 

  • Rebhühner halten sich gerne in deckungsreichen Strukturen auf und werden ihren Prädatoren in einer strukturarmen Landschaft häufiger begegnen als in einer strukturreichen. Die veränderte Landschaftsstruktur verstärkt somit zusätzlich den Prädationsdruck auf die Rebhühner!

 

Das wirkt sich besonders bei hohen Schneelagen im Winter ungünstig für Rebhühner aus: Im Rebhuhnschutzprojekt im Landkreis Göttingen konnte gezeigt werden, dass die tägliche Sterblichkeit von Rebhühnern an Tagen mit Schnee gegenüber Tagen ohne Schnee um das Fünffache erhöht ist.

 

 

 

  • Rückgangsursachen:

 

  • Mangel an Brutplätzen und sicherer Deckung
  • Nahrungsmangel
  • Verändertes Mikroklima
  • Erhöhter Prädationsdruck