Leitlinien für ein erfolgreiches Rebhuhnschutzprojekt
Als Hauptursache für die erheblichen Bestandseinbrüche des Rebhuhns wird die Verschlechterung, Zerstörung und Fragmentierung von geeigneten Lebensräumen angesehen. In aktuellen Rebhuhnschutzprojekten in England, Frankreich und Deutschland zielen Schutzmaßnahmen deshalb in erster Linie auf die Verbesserung der Lebensräume ab. Wir haben der Beschreibung geeigneter Maßnahmen zur Aufwertung von Lebensräumen ein eigenes Kapitel gewidmet. Hier möchten wir Ihnen Empfehlungen an die Hand geben, wie Sie generell am besten vorgehen, wenn Sie ein Rebhuhnschutzprojekt initiieren möchten. In diese Empfehlungen fließen die Erfahrungen aus dem seit 2004 bestehenden Rebhuhnschutzprojekt im Landkreis Göttingen in Niedersachsen ein.
1. Bestehende Rebhuhnvorkommen fördern
Projektgebiete für Rebhuhnschutz sollten zuerst dort gewählt werden, wo aktuell noch Rebhühner vorkommen. Restbestände halten sich in Lebensräumen, die im Gegensatz zu denen, in denen Rebhühner bereits ausgestorben sind, noch über ein Mindestmaß an Qualität verfügen. Es ist erfolgreicher, diese Restbestände durch möglichst großflächige Lebensraumaufwertung zu fördern, anstatt Zuchttiere auszu-setzen (mehr zu den Hintergründen erfahren sie unter Wiederansiedlung). Wenn der Bestand sich erholt, können Jungtiere durch Ausbreitung benachbarte Gebiete besiedeln.
Um in Erfahrung zu bringen wo aktuell noch Rebhühner vorkommen, nutzen sie unsere Seite Aktueller Bestand oder fragen Sie ortsansässige Jäger und Landwirte.
2. Aussetzen der Bejagung von Rebhühnern
Um den Druck auf die Population zu verringern, empfiehlt es sich auf die Bejagung von Rebhühnern zu verzichten. In vielen Regionen Deutschlands findet aktuell aufgrund der niedrigen Bestände bereits keine Bejagung mehr statt. Rebhühner kommen nicht mehr flächendeckend vor und Bestände sind meist nicht mehr miteinander im Austausch. Auch wenn lokal oder in einzelnen Revieren noch ein Rebhuhnbestand vorhanden ist, können Einzelereignisse wie ein harter Winter die Situation extrem verschlechtern und im schlechtesten Fall zum Aussterben dieser Lokalpopulation führen.
3. Prädationskontrolle
Die Kontrolle von Beutegreifern ist in den meisten Revieren gängige Praxis und wird zielgerichtet in einigen Projekten parallel mit Maßnahmen zur Lebensraumauf-wertung durchgeführt. Prädationskontrolle alleine reicht allerdings nicht aus, wenn der Lebensraum die Bedürfnisse des Rebhuhns nicht mehr ausreichend decken kann. In erster Linie sollten deshalb die Lebensraumbedingungen für das Rebhuhn verbessert werden. Gleichzeitig durchgeführte Prädationskontrolle sollte auf die lokalen Gegebenheiten abgestimmt werden.
4. Auswahl des Projektgebiets: Großflächig, langfristig und im Verbund
Das Projektgebiet (mindestens 100 km²) sollte großflächig und von langfristiger Dauer aufgewertet werden und außerdem in einen geeigneten, strukturreichen Landschaftszusammenhang eingebettet sein, sich also in der Nähe zu angrenzenden Feldhecken, Feldrainen, Brachen, Grünland, unbefestigten Wegen und nicht in Waldnähe befinden (Rebhühner meiden Waldränder, dort ist auch der Prädationsdruck höher). Rebhuhnbestände unterliegen natürlicherweise großen Schwankungen und noch bestehende Populationen stehen durch Fragmentierung ihrer Lebensräume meist nicht mehr miteinander im Austausch, was bedeutet, dass kleine Restbestände von einem erhöhten Aussterberisiko bedroht sind. Wenn eine lokale Population erlischt, ist das Einwandern von Tieren aus anderen Beständen deshalb unwahrscheinlich. Falls Maßnahmen erfolgreich sind und sich der Bestand vergrößert, können sich Jungtiere in benachbarte Lebensräume ausbreiten. Die erfolgreiche Ausbreitung in unbekannte oder ungeeignete Lebensräume hat allerdings eine größere Wahrscheinlichkeit zu scheitern. Deshalb ist es wichtig geeignete Lebensräume großflächig und im Verbund zu schaffen!
5. Gleichgesinnte finden und Netzwerke schaffen
Auch hier gilt: Denken Sie groß! Holen Sie möglichst viele Gleichgesinnte und unbedingt die wichtigen, örtlichen Institutionen ins Boot. Das kann nicht früh genug passieren! Eine breite öffentliche Akzeptanz ist wichtig für das Gelingen und die Nachhaltigkeit des Projekts. Für ein erfolgreiches Projekt brauchen Sie viele Flächen. Als Erstes sollten Sie mit den ortsansässigen Landwirten sprechen und diese von der Idee begeistern. Bringen Sie in Erfahrung, welche Projekte es bereits in Ihrer Nähe gibt (eine Zusammenstellung finden Sie unter Forschungs- und Schutzprojekte) und bauen Sie Kontakte auf. Auch Projekte zum Schutz für andere Arten (z.B. Ackerwildkräuter, Hasen, Feldlerchen) oder für Biotope wie Streuobst-wiesen sind möglicherweise geeignet, um Rebhuhnschutz zu integrieren oder Ihr eigenes Projektgebiet in örtlicher Nähe zu diesen aufzubauen. Sprechen Sie mit Landverpächtern und Landbewirtschaftern, treten Sie in Kontakt zur Jägerschaft, zu örtlichen Landschaftspflege- und Naturschutzverbänden und Naturschutzbehörden. Ohne eine breite Unterstützung wird es schwierig ein Rebhuhnschutzprojekt erfolgreich umzusetzen!
6. Maßnahmen planen
Wenn Sie ein mögliches Gebiet ins Auge gefasst und sich Unterstützung gesichert haben, überlegen Sie, mit welchen Maßnahmen sie das Gebiet für das Rebhuhn aufwerten können. Ziehen Sie, wenn möglich, Experten hinzu oder holen Sie sich Rat bei bereits bestehenden Projekten. Möglicherweise können Sie auch unter ortsansässigen Verbänden, einer Universität oder sonstigen Forschungseinrichtungen Kooperationspartner finden, die das Projekt unterstützen oder wissenschaftlich begleiten. Es gibt viele Maßnahmen, die dem Rebhuhn helfen können. Wichtig ist, dass Sie Maßnahmen in sinnvollem Zusammenhang zu im Gebiet vorhandenen Strukturen planen und Maßnahmeflächen nicht zu schmal anlegen, da sich dort aufhaltende Rebhühner einem größeren Prädationsrisiko ausgesetzt sehen. Mehr zu geeigneten Maßnahmen wie z.B. den im Rahmen der Agrarumweltmaßnahmen geförderten Blühstreifen finden sie im Kapitel Aufwertung von Lebensräumen.
7. Geeignete Förderung finden
Die Flächen werden in aller Regel von Landwirten zur Verfügung gestellt, die man für die Sache gewinnen kann, wenn ihre Ertragseinbußen kompensiert werden können. Dies kann durch geeignete Förderprogramme geschehen. An erster Stelle sollen hier die Agrarumweltmaßnahmen (AUM) genannt werden, die von den einzelnen Bundesländern individuell angeboten werden. Zum Teil eignen sich auch Maßnahmen im Rahmen des Vertragsnaturschutzes der Kommunen. Informationen über in Frage kommende Förderprogramme können Sie bei der zuständigen Landwirtschaftskammer, auf den Internetseiten des Landwirtschaftsministeriums Ihres Bundeslandes oder bei der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde Ihres Landkreises erfahren. Eine Zusammenstellung der AUM in der aktuellen Förderperiode finden Sie auch auf der Seite Fördermöglichkeiten. Die Beteiligung der Landwirte an AUM ist oft verhalten. Viele Landwirte lassen sich aber dafür gewinnen, wenn man mit Ihnen ins Gespräch kommt und sie ausführlich informiert. Die Beratung der Landwirte spielt eine wesentliche Rolle bei der erfolgreichen Umsetzung eines Rebhuhnschutzprojektes!
8. Erfolge dokumentieren
Um die Auswirkung der durchgeführten Maßnahmen auf die Rebhuhnbestände zu überprüfen, sollte vor Projektbeginn eine Bestandserhebung durchgeführt werden, die dann jedes Jahr wiederholt wird. Es gibt verschiedene Methoden. Wir empfehlen die Kartierung mittels Klangattrappen, die alljährlich im Spätwinter zur Balzzeit der Rebhühner durchgeführt wird (eine genaue Methodenbeschreibung finden Sie als Download unter Dokumente).
Es ist nicht nur wichtig, Erfolge zu dokumentieren, sondern auch diese öffentlich zu machen, um einerseits Nachahmer zu finden, aber auch um gute Argumente für die Initiierung neuer oder die Optimierung bereits bestehender Förderprogramme zu erhalten.